Beschreibung
In einer zunehmend polarisierten Gesellschaft, die mit globalen Krisen und wachsender politischer Unzufriedenheit konfrontiert ist, rückt der Umgang mit zivilem Ungehorsam stärker ins Zentrum rechtlicher und gesellschaftlicher Auseinandersetzungen. Protestformen wie Sitzblockaden, Straßen- oder Baumbesetzungen werfen die Frage auf, wie weit Aktivist:innen im Rahmen einer demokratischen Ordnung gehen dürfen – und wo der Staat klare Grenzen setzen muss.
Ziviler Ungehorsam bezeichnet gewaltfreie Regelverstöße, die aus moralischer Überzeugung öffentlich begangen werden, um auf Missstände hinzuweisen. Gerade wenn sich Protestbewegungen auf ein übergeordnetes Gemeinwohl berufen – etwa beim Klimaschutz –, geraten zentrale Rechtsnormen wie der rechtfertigende Notstand (§ 34 StGB), die strafbare Nötigung (§ 240 StGB) oder das Verbot krimineller Vereinigungen (§ 129 StGB) in den Fokus juristischer Bewertung. Dabei geht es nicht nur um Strafrecht, sondern auch um zivilrechtliche Folgen und den verfassungsrechtlichen Rahmen zwischen Meinungsfreiheit, öffentlicher Ordnung und Verhältnismäßigkeit.
Diese komplexen Fragen beleuchtet der 14. Band der Schriftenreihe der Stiftung der Hessischen Rechtsanwaltschaft. Die prämierten Beiträge eines bundesweiten Aufsatzwettbewerbs, ausgewählt durch Dr. Rainald Gerster, Präsident des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main, zeigen, wie unterschiedlich zivilgesellschaftlicher Protest juristisch eingeordnet werden kann – und warum er trotz aller Spannungen eine differenzierte rechtliche und gesellschaftliche Auseinandersetzung verdient.