Frankfurt am Main, 12. Mai 2017 – Angesichts der wachsenden Bedrohung durch Cyberkriminalität stand der diesjährige Aufsatzwettbewerb der Stiftung der Hessischen Rechtsanwaltschaft (SHRA) unter dem hochaktuellen Thema „Die Internetkriminalität boomt – Braucht das Strafgesetzbuch ein Update?“. In einer feierlichen Veranstaltung in der Villa Bonn in Frankfurt am Main wurden sechs Nachwuchsjuristinnen und -juristen für ihre herausragenden wissenschaftlichen Arbeiten zu diesem Thema ausgezeichnet: Dr. Sebastian Golla, Alexander Claudius Brandt, Turmandach Zeh, Bianca Biernacik, Annemarie Hoffmann und Sven Lehmann. Die Preisverleihung erfolgte im Beisein hochrangiger Vertreter aus Justiz, Wissenschaft, Rechtsanwaltschaft und Politik. Die Begrüßungsrede hielt Eva Kühne-Hörmann, Staatsministerin im Hessischen Justizministerium. Die Laudatio übernahm Dr. Benjamin Krause von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, der als Vertreter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) auch Mitglied der Jury war.
Die Preisträger widmeten sich in ihren Arbeiten grundlegenden Fragen, die sich aus der Dynamik digitaler Kriminalitätsformen ergeben: Inwiefern ist das bestehende Strafrecht auf Phänomene wie Phishing, Ransomware, Identitätsdiebstahl oder den Missbrauch von IT-Infrastrukturen vorbereitet? Und welche Lücken bestehen in der strafrechtlichen Erfassung und Verfolgung dieser neuen Formen digitaler Delinquenz? Der Wettbewerb zielte darauf ab, kritische Reflexionen und innovative Vorschläge für eine zeitgemäße Ausgestaltung des Strafrechts zu fördern.
Die Notwendigkeit dieser Debatte ist unbestritten: Laut Bundeskriminalamt steigen die Fallzahlen internetbezogener Straftaten kontinuierlich an. Allein im Jahr 2016 wurden über 250.000 Fälle registriert, Tendenz steigend. Die Angriffe reichen von der Erschleichung sensibler Nutzerdaten bis hin zu gezielter Sabotage staatlicher und wirtschaftlicher Infrastrukturen. Viele Delikte agieren international, während die Strafverfolgung weiterhin an nationale Rechtsgrenzen gebunden ist. Hinzu kommt die Frage, ob bestehende Paragraphen – etwa die §§ 202a ff., 263a oder 303a StGB – dem technischen Fortschritt und den sich rasch wandelnden Täterstrategien noch gerecht werden.
Die prämierten Beiträge zeigen auf, dass es nicht nur um punktuelle Gesetzesnachbesserungen geht, sondern um eine strukturelle Weiterentwicklung des Strafrechts im digitalen Zeitalter. Diskutiert werden unter anderem eine stärkere europäische und internationale Harmonisierung der Strafverfolgung, eine Überprüfung des Deliktskatalogs im Hinblick auf neuartige Phänomene wie Botnet-Kriminalität, der Umgang mit verschlüsselter Kommunikation sowie die Sicherung von Beweisen im virtuellen Raum. Auch die Frage nach dem Verhältnis von Datenschutz und Strafverfolgung wird aus grundrechtlicher Perspektive kritisch beleuchtet.
Rechtsanwalt Dr. Mark C. Hilgard, Vorsitzender des Stiftungsvorstands, würdigte die inhaltliche Tiefe und wissenschaftliche Qualität der Arbeiten und betonte zugleich die gesellschaftspolitische Relevanz der Thematik. Wie in den Vorjahren wurde eine Auswahl der besten Beiträge als eigenständige Publikation veröffentlicht. Das Buch „Die Internetkriminalität boomt – Braucht das Strafgesetzbuch ein Update?“ ist als Band 8 der Schriftenreihe der Stiftung der Hessischen Rechtsanwaltschaft im Optimus Verlag erschienen und über den Buchhandel oder direkt über den Verlag erhältlich.
Die Stiftung sieht ihre Aufgabe darin, durch Förderung wissenschaftlicher Arbeiten zu aktuellen Fragen des Strafrechts einen Beitrag zur Weiterentwicklung von Rechtsprechung, Gesetzgebung und gesellschaftlicher Debatte zu leisten. Der diesjährige Wettbewerb unterstreicht, wie notwendig eine rechtswissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der Digitalisierung für das Strafrecht ist – nicht nur für Juristinnen und Juristen, sondern für den demokratischen Rechtsstaat insgesamt.
Mehr Informationen: Pressemitteilung der Stiftung der Hessischen Rechtsanwaltschaft